Wer bekommt (in Stuttgart) keinen Betreuungsplatz? Worüber uns der Betreuungsatlas 2013 vom Deutschen Jugendinstitut (k)eine Auskunft gibt.
Eine Stellungnahme des Gesamtelternbeirats der städtischen Kindertagseinrichtungen und Horte zur Betreuungssituation, anlässlich des vom Deutschen Jugendinstitut veröffentlichten Betreuungsatlas 2013
6000 Kinder zwischen 1 und 6 Jahren bekommen in Stuttgart im neuen Kitajahr keinen Betreuungsplatz! Abgelehnte Kinder werden im Betreuungsatlas nicht erfasst.
Der Betreuungsatlas zeigt das Betreuungsangebot und wie es angenommen wird (lt. Betreuungsatlas in Baden-Württemberg 22,8 % der unter Dreijährigen). Der Begriff der Inanspruchnahme steht in keiner Verbindung mit dem tatsächlichen Bedarf, der sowohl in qualitativer und quantitativer Hinsicht daraus nicht abgeleitet werden werden kann. Wird der Bedarf über Jahre nicht bedient, reduziert sich die Nachfrage.
Eltern möchten eine gute Betreuung und flexible, ggf. möglichst lange Betreuungszeiten. Der Betreuungsatlas spiegelt unterschiedliche Betreuungszeiten wieder. Die durchschnittlichen Verweilzeiten lassen sich in westlichen Bundesländern mit einer Vollzeitbeschäftigung nicht vereinbaren (lt Betreuungsatlas 6,4 Stunden in Baden-Württemberg).
Anspruchsvolle Eltern erwarten eine hohe Qualität in den Einrichtungen, in der sie ihre Kinder betreuen lassen. Der Personalressourceneinsatzschlüssel im Betreuungsatlas gibt an, in welchem Verhältnis vertraglich vereinbarte Betreuungsstunden zu den vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten der Erzieherinnen stehen. Das vermittelte positive Bild wird getrübt, wenn man bedenkt, dass der errechnete Median von 3,1 für Baden-Württemberg, nichts über den tatsächlichen zeitlichen Umfang aussagt, den eine Erzieherin mit den Kindern verbringt. Unbesetzte Stellen und krankheitsbedingte Ausfälle sowie Vor- und Nachbereitungszeiten werden ebenfalls nicht berücksichtigt.
Das Ausbleiben der Klagewelle (Titelseite der StZ vom 11. Juni 2014) beweist nicht, dass ein Mangel an Betreuungsplätzen nicht existiert. Mangelnde Aussicht auf rechtzeitigen Erfolg und komplizierte Verfahren halten viele Eltern von einem Klageweg ab. Viele Eltern sehen im Bezug des Betreuungsgeldes eine einfache Lösung, der durch Mangel an Betreuungsplätzen entstandenen Notlage.
Beziehern sozialer Hilfsleistungen wird ein Bedarf abgesprochen. Sie sind zur Inanspruchnahme des Betreuungsgeldes verpflichtet. Förderungsbedürftige Kinder versäumen so fachgerechte Unterstützung und gesellschaftliche Integration durch kompetente Kindertagesstätten.
Auch mit dem Internet basierten Anmeldeverfahren lässt sich der tatsächliche Bedarf an Betreuung in Art und Umfang nur unzureichend ermitteln.
Die Betreuungssituation in Stuttgart Die Betreuungslandschaft ist von vielfältigen Angeboten zwischen vier und zehn Stunden geprägt, in der ein Kind mit Rechtsanspruch (ab dem 1. Lebensjahr) einen Platz bekommt, sobald dieser zur Verfügung steht. Das kann ein bis zwei Jahre dauern. Der zugewiesene Platz kann eine von der gewünschten abweichende Betreuungszeit haben, da es einen Mangel an Plätzen gibt.
Die Zahl von 120 fehlenden Vollzeitkräfte stagniert seit mehr als fünf Jahren in der bestehenden Kernzeitbetreuung. Für den Früh- und Spätdienst gibt es keine dauerhafte Lösung. Durch die Aufstockung von Springkräften, (Anerkennungs)praktikanten, Aushilfen und Auszubildenden (PIA), konnten Engpässe und Teilschließungen verringert werden. Das ist u. a. der offensiven Personalwerbung der Stadt Stuttgart zu verdanken.
Die Betreuungsqualität in den Einrichtungen sinkt. Das Einstein-Konzept, das Modell der Erziehungspartnerschaft, das Bezugskindersystem und eine stabile Fachkräftesituation, sind wichtige Bausteine, um die Betreuungsqualität zu sichern.
Um den Betreuungsbedarf zu decken, soll das Angebot um etwa 100 Einrichtungen erweitert werden. Dafür werden etwa 800 Fachkräfte benötigt. Das ist in dem kurzen Planungszeitraum und der heutigen Fachkräftesituation nicht zu machen.
Das zentrale Anmeldeverfahren schafft keine Erleichterung bei der Platzsuche. Die Anmeldungen müssen von der Verwaltung doppelt eingegeben werden. Die Vergabekriterien werden von den Eltern kritisiert, weil sie kompliziert und ungerecht sind. Jedes Kind hat Anspruch auf einen Platz, unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern, dem Familienstand oder sonstigem.
Der Gesamtelternbeirat der städtischen Kindertageseinrichtungen und Horte fordert
– vorausschauende und verantwortungsvolle Planung bei anstehenden Bauprojekten
– mehr Verwaltungskräfte für die Umsetzung von Bauprojekten und Stellenbesetzung
– individuelle Bewerbung über die Einrichtung ermöglichen
– tagesaktuelle Platzzahlen, Bedarfsermittlung und Personalbesetzung
– Erhaltung der Qualität in den bestehenden Einrichtungen
– Augenmerk auf die Umsetzung des Einstein-Konzepts
– flexiblere Dienstplangestaltung für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung
– gut verständliches und nachvollziehbares Anmeldeverfahren
– mehr Transparenz gegenüber den Eltern und eine bessere Informationspolitik
– rechzeitige Einbeziehung der Eltern, wenn sich das Betreuungsangebot verändert
– ein Dienstleistungsangebot, bei dem die Eltern keine Bittsteller sind
Der Gesamtelternbeirat der städtischen Kindertageseinrichtungen und Horte